Große Freude! Ein neuer Roman von T.C. Boyle, und wie erwartet liest er sich gut und flüssig. Wie immer bei Boyle bin ich begeistert von seiner Art, simple Inhalte in bildhafte, fast poetisch formulierte Sätze zu packen.
Wie schade, dass die Handlung und Figuren in „No Way Home“ furchtbar banal und stereotyp sind. Es geht um Terry und Bethany, die sich zufällig treffen, als Bethany sich nach der Trennung von ihrem Ex-Freund Jesse gerade in Not befindet. Heimlich schläft sie im Lagerraum, den sie gemietet hat, um ihr weniges Hab und Gut zwischen zu parken, bis sie eine neue Bleibe gefunden hat. Da trifft es sich gut, dass Terry gerade von seiner verstorbenen Mutter ein Haus geerbt hat, als Assistenzarzt aber zu beschäftigt ist, um sich darum zu kümmern. Jesse jedoch betrachtet Bethany immer noch als seine Freundin und taucht immer wieder in ihrem Dunstkreis auf.
Ich finde die drei Figuren ganz schön oberflächlich. Sowohl Terry als auch Jesse bezeichnen Bethany als ihre große Liebe, aber schätzen sie dabei vor allem für ihr Aussehen und die nette Unterhaltung, die sie nach Feierabend bietet. Sie ist unkompliziert, unterhaltsam und praktisch – kümmert sie sich doch für Terry um Haus, Hund und Auto. Bethany wiederum sieht in Terry vor allem einen guten Fang, denn wenn er in Zukunft als voll ausgebildeter Facharzt genug Geld verdient, gehören ihre existentiellen Nöte endlich der Vergangenheit an. Zudem schätzt sie an ihm den gemeinsamen Sinn für Humor, von dem allerdings in den Dialogen nichts zu spüren ist. Es gibt keine spritzig-witzigen Dialoge, die mir vielleicht geholfen hätten, die beiden als harmonisches Paar wahrzunehmen.
Die Beziehung zwischen Bethany und Jesse ist mir ähnlich rätselhaft. Jesse ist Lehrer und Möchtegern-Autor, was mich eigentlich einen feinfühligen, kreativen Charakter vermuten lassen würde, sein Verhalten ist jedoch genau das Gegenteil: impulsiv und brutal. Beth und Jesse verbindet, dass sie gut zusammen die Zeit totschlagen können.
Wie oft bei Boyle spielt die Umgebung eine besondere Rolle, die dem Buch viel Atmosphäre verleiht. Die provinzielle Wüstenstadt Boulder City mit dem Stausee, dessen Wasserspiegel beständig sinkt. Die anhaltende Dürre, durch den Klimawandel verschärft und doch ganz selbstverständlich hingenommen. Der Staudamm, der dem verschlafenen Städtchen als achtes Weltwunder ein bisschen Bedeutung verleiht.
Falls Boyle in seinem Roman eine tiefere Bedeutung ergründet, komme ich nicht darauf, was er vermitteln will. Ja klar, es geht um ungesunde Machtverhältnisse und Abhängigkeiten in Beziehungen, die vor allem von egoistischen Motiven und Langeweile am Leben gehalten werden. Und sonst? I don’t get it. Freu‘ ich mich halt auf den nächsten Boyle.

No Way Home
T.C. Boyle
Hanser, 2025
ISBN 9783446284234
Dieses Buch wurde mir als kostenloses Rezensionsexemplar über Vorablesen zur Verfügung gestellt.
