Die Mitternachtsbibliothek

Eine sehr schöne Geschichte, die den Blick für die kleinen schönen Momente im Leben öffnet, aber auch die Chancen in den schlechten.

Gera­de stol­per­te ich über einen Rat­ge­ber: „Wie es gelingt, das Leben trotz aller Schwie­rig­kei­ten zu beja­hen“. Bes­ser könn­te man das The­ma des Romans „Die Mit­ter­nachts­bi­blio­thek“ nicht zusam­men­fas­sen. Der bri­ti­sche Autor Matt Haig kennt die Schat­ten­sei­ten des Lebens selbst, litt unter Depres­si­on und damit ver­bun­de­ner Lebens­mü­dig­keit. So geht es auch Nora, die ihr Leben als Ver­ket­tung unglück­li­cher Ent­schei­dun­gen emp­fin­det und sich wie in einer Sack­gas­se fühlt. Als sie eines Tages nicht nur ihre Kat­ze ver­liert, son­dern auch noch ihren Job, ist für sie das Fass voll. Außer ein paar Abschieds­wor­ten auf Face­book hat sie der Welt nichts mehr zu sagen und erklärt ihr Leben für beendet.

Sie erwacht um Mit­ter­nacht in einer Biblio­thek mit unend­lich vie­len Büchern. Die Uhr ist ste­hen geblie­ben und die Biblio­the­ka­rin erklärt, dass sie mit jedem Buch in ihr eige­nes Leben in einem ande­ren Par­al­lel­uni­ver­sum ein­tau­chen kann, bis sie eines fin­det, in dem sie glück­lich ist. So erfährt sie, wie ihr Leben ver­lau­fen wäre, wenn sie sich ihrem Vater zulie­be für eine Kar­rie­re als Leis­tungs­schwim­me­rin ent­schie­den hät­te, wenn sie ihrem Bru­der zulie­be in der gemein­sa­men Band geblie­ben und zum Rock Star gewor­den wäre, wenn sie mit ihrer bes­ten Freun­din nach Aus­tra­li­en gegan­gen wäre, wenn sie ihren Ver­lob­ten doch noch gehei­ra­tet hät­te, statt sich kurz vor der Hoch­zeit zu tren­nen, und so weiter … 

Jeder die­ser Lebens­we­ge bedeu­tet für sie, eine ver­pass­te Chan­ce doch noch ergrei­fen zu kön­nen, ver­geu­de­te Talen­te doch noch zu nut­zen, uner­füll­te Träu­me doch noch zu rea­li­sie­ren, den Erwar­tun­gen gelieb­ter Men­schen doch noch zu ent­spre­chen. Doch immer wie­der macht sie die Erfah­rung, dass sie auch in den schein­bar per­fek­ten Lebens­we­gen unglück­lich ist, schlim­me Din­ge pas­sie­ren, auf die sie oft gar kei­nen Ein­fluss hat, oder sie das Gefühl hat, sich selbst zu ver­leug­nen. Ach­tung, Spoi­ler: Über vie­le Umwe­ge fin­det sie ihren Lebens­mut wie­der und ent­schei­det sich, ihren ursprüng­li­chen Lebens­weg wei­ter­zu­ge­hen, mit all sei­nen Imper­fek­tio­nen und ver­meint­li­chen Fehl­ent­schei­dun­gen. Denn jeder Tag ist eine neue Chan­ce, das Bes­te dar­aus zu machen. 

In man­chen Kri­ti­ken habe ich den Vor­wurf gele­sen, dass Matt Haig mit die­sem Roman die Krank­heit Depres­si­on ver­harm­lost, ver­ein­facht und ins Seich­te abdrif­ten lässt. Das mag sein, den­noch hal­te ich die­ses Buch mit sei­nen simp­len Bot­schaf­ten als lesens­wert für jeden. Es erin­nert dar­an, im All­tags­trott auch mal inne­zu­hal­ten und sich zu fra­gen, was wirk­lich wich­tig ist im Leben – und es gege­be­nen­falls neu zu jus­tie­ren, statt sich von Reue und Gram über Ver­gan­ge­nes läh­men zu lassen. 


Die Mitternachtsbibliothek von Matt Haig

Die Mit­ter­nachts­bi­blio­thek
Matt Haig
Droe­mer Knaur, 2021
ISBN 9783426460641

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner