Becoming

Nahbar und echt wirkt Michelle Obamas Erzählung ihrer persönlichen Entwicklung vom Arbeiterkind zur First-Lady – und sehr inspirierend!

Ganz ehr­lich: ich habe mir die­se Auto­bio­gra­fie vor drei Jah­ren als eBook gekauft, weil sie Fotos ent­hält und ich mei­nen neu­en eRea­der mit Farb­dis­play tes­ten woll­te. Dann fehl­te mir aller­dings die Moti­va­ti­on zum Lesen, denn ich erwar­te­te für mich sper­ri­ge The­men wie Poli­tik und ein biss­chen Ras­sis­mus ver­packt in (ange­sichts des Buch­co­vers) ober­fläch­li­che Frau­en­ma­ga­zin-Sät­ze. Aus aktu­el­lem Anlass nahm ich es jetzt doch mal zur Hand – und konn­te es gar nicht mehr beiseitelegen.

Michel­le Oba­ma schil­dert ihre Lebens­er­fah­run­gen sehr ein­drück­lich und empa­thisch. Von ihrer Kind­heit in der South Side Chi­ca­gos der 60er/70er Jah­re, einem Bezirk mit Arbei­ter-Fami­li­en, das sich zuneh­mend zum Pro­blem­vier­tel wan­delt und aus dem man flieht, wenn man das Geld dafür hat. Ihr Groß­wer­den in einer lie­be­vol­len Fami­lie mit libe­ra­len Eltern, die gro­ßen Wert auf Bil­dung legen und ihr viel Frei­raum geben, sich zu ent­fal­ten. Ihre Erkennt­nis, wie wich­tig Selbst­er­mäch­ti­gung ist, für sie als Frau, als Schwar­ze, als Arbei­ter-Kind. Wie sie mit viel Fleiß und Ehr­geiz den Weg in die Down­town Chi­ca­gos schafft und als jun­ge Anwäl­tin den neu­en Prak­ti­kan­ten Barack Oba­ma unter ihre Fit­ti­che nimmt. Und natür­lich, wie sie an sei­ner Sei­te den stei­ni­gen Weg ins Wei­ße Haus beschrei­tet, um als FLOTUS Vor­bild für ande­re zu sein und vor allem auch die oft Über­se­he­nen und Über­gan­ge­nen zu Selbst­er­mäch­ti­gung zu ermu­ti­gen. Sie erzählt von ihren Selbst­zwei­feln und Pha­sen, in denen sie sich mut­los, ori­en­tie­rungs­los und frus­triert fühl­te, dann aber ent­we­der aus eige­ner Kraft oder durch hilf­rei­che Men­to­ren herausfindet.

Ich war fas­zi­niert, wie offen sie über das Auf und Ab ihres Lebens spricht – genau das macht sie so relata­ble. Michel­le Oba­ma ist viel­leicht des­halb so cha­ris­ma­tisch, weil sie authen­tisch, ehr­lich und nah­bar ist. Sie steigt vom Podest her­ab, auf dem sie als First Lady eher wider­wil­lig stand, um mit der Lese­rin ein Gespräch auf Augen­hö­he zu füh­ren. Dabei wirkt sie unglaub­lich moti­vie­rend und inspi­rie­rend, denn ihre posi­ti­ve Ein­stel­lung ist anste­ckend. Gera­de jetzt, in Zei­ten des zuneh­men­den Has­ses, Ego­is­mus und toxi­scher Männ­lich­keit: unbe­dingt lesenswert!


Beco­ming
Michel­le Oba­ma
Gold­mann, 2021
ISBN 9783442316472

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