Wer über längere Zeit Single ist, ansonsten aber mitten im Leben steht (sprich: so einigermaßen zufrieden mit dem Job, dem Gehalt und dem Freundeskreis), spürt womöglich einen Effekt der Gewöhnung und Selbstgenügsamkeit. Dennoch ist da diese leise innerliche Dissonanz und man fragt sich, ob das vielleicht ein Gefühl der Einsamkeit sein könnte und ob man wohl etwas dagegen tun sollte. An diesem Punkt ihres Lebens steht Marnie, selbständige Lektorin im Homeoffice, Londonerin, 38 Jahre alt und schon eine Weile geschieden. Als sie von ihrer Freundin Claire zu einer mehrtägigen Wanderung eingeladen wird, so wie auch nicht ganz zufällig ausgewählte weitere Single-Freunde, widersteht sie ihrem ersten Impuls und sagt zu.
Einer dieser anderen Wanderer ist der 42-jährige Michael, Erdkundelehrer, Outdoor-Fan und ebenfalls geschieden. Die Wandergruppe fällt schon nach kurzer Zeit auseinander, nur noch Marnie und Michael trotzen dem typisch englischen Wetter und kämpfen sich von der nordenglischen Westküste Richtung Ostküste voran. Wie könnte es anders sein – trotz einiger Differenzen tun frische Luft, Blasen an den Füßen und das abendliche Bier in den Pubs ihre Wirkung. Die beiden öffnen sich einander und kommen sich näher.
Ich habe das Buch zwar gern gelesen, aber frage mich immer noch, warum eigentlich. Marnie und Michael sind ziemliche Langweiler, absolut durchschnittliche Menschen, mit durchschnittlichen Lebensgeschichten auf einer durchschnittlichen Wandertour. Kein Drama, keine dunklen Geheimnisse, kein sprühender Humor erwartet den Leser, und doch fühlte ich mich gut unterhalten. Durchschnittlich gut. Eine belanglose kleine Liebesgeschichte mit typisch englischem Flair für zwischendurch. Kann man lesen, muss man definitiv nicht.

Zwei in einem Leben
David Nicholls
FISCHER Krüger, 2024
ISBN 9783104920696
Dieses E‑Book wurde mir als kostenloses Rezensionsexemplar über NetGalley zur Verfügung gestellt.