Roger Blanc und der „böse Wolf“

Beim Thema Wölfe scheiden sich die Geister, so auch hier. Doch eins steht fest: im verlorenen Vernègues passieren spannende Dinge!

Im sieb­ten Fall für Capi­taine Roger Blanc erwar­tet den Leser wahr­lich ein ganz unge­wöhn­li­cher Kri­mi, denn lan­ge gibt es kein Ver­bre­chen. Den­noch geht es gleich zu Anfang blu­tig zu, denn offen­sicht­lich haben Wöl­fe ihren Weg zurück in die Pro­vence gefun­den – die Schä­fer im klei­nen Ört­chen Ver­nè­gues bekla­gen geris­se­ne Läm­mer auf ihren Wei­den. Im eis­kal­ten Janu­ar gibt es für die Poli­zei nicht viel zu tun, also nimmt sich Roger Blanc zusam­men mit sei­nem Team die­ses Pro­blems an. Der Fall besteht anfangs eher dar­in, auf­ge­brach­te Men­schen im Zaum zu hal­ten, in denen die Urangst vor dem bösen Wolf erwacht. Schnell bil­den sich zwei Fron­ten: Schä­fer und Jagd­ver­ein for­dern eine sofor­ti­ge Treib­jagd und haben dabei den Bür­ger­meis­ter von Ver­nè­gues auf ihrer Sei­te, der um die Sicher­heit und das Anse­hen sei­ner Gemein­de besorgt ist. Auf der ande­ren Sei­te ste­hen Tier­schüt­zer und Skep­ti­ker, die eher über schieß­wü­ti­ge Ama­teur-Jäger im Wald besorgt sind.

Zwi­schen den Fron­ten schlei­chen Son­der­lin­ge mit ganz eige­nen Inter­es­sen durch den Wald: da ist eine Seis­mo­lo­gin, die in den ver­fal­le­nen Rui­nen des alten Ver­nè­gues Mess­in­stru­men­te auf­stellt, ein Ufo­lo­ge, der auf nächt­li­chen Tou­ren mit sei­ner High­tech-Dro­ne auf Zei­chen außer­ir­di­schen Lebens hofft, und ein Nost­rad­amus-Exper­te, der mit der Ent­schlüs­se­lung alter Pro­phe­zei­un­gen Popu­la­ri­tät erlangt hat und im Auf­tau­chen der Wöl­fe und dro­hen­der Erd­be­ben Zei­chen für das Ende der Welt sieht. Und tat­säch­lich gibt es auch bald ein mensch­li­ches Opfer zu beklagen …

Cay Rade­ma­cher ver­steht es wun­der­bar, ein ganz unty­pi­sches Bild der Pro­vence zu zeich­nen: mit null Kitsch und den­noch unver­kenn­bar fängt er die stim­mungs­vol­le Atmo­sphä­re die­ser schö­nen Regi­on ein und macht sie auch im eis­star­ren Win­ter leben­dig. Roger Blanc und sei­ne lie­bens­wer­ten Kol­le­gen bie­ten auch mit die­sem Fall wie­der ein glei­cher­ma­ßen span­nen­des wie humor­vol­les Lese­ver­gnü­gen. Dabei for­dert das Auf­tau­chen des Wolfs­ru­dels, aber auch die Reak­ti­on der auf­ge­brach­ten Men­schen, den Leser unwei­ger­lich zur eige­nen Stel­lung­nah­me auf. Es ist bekannt, dass der Wolf auf dem Rück­zug durch Euro­pa ist und sich in vie­len Regio­nen wie­der ansie­delt. Es ist weni­ger bekannt, dass Wöl­fe im Nor­mal­fall kei­ne Gefahr für den Men­schen dar­stel­len (jedoch durch­aus eine wirt­schaft­li­che Bedroh­nung für Vieh­hal­ter sein kön­nen). Doch wie ratio­nal den­ken wir noch, wenn der Wolf in der eige­nen Nach­bar­schaft auftaucht?


Buchcover Verlorenes Vernègues Cay Rademacher

Ver­lo­re­nes Ver­nè­gues
(Teil 7 der Rei­he „Mord in der Pro­vence – Capi­taine Roger Blanc“)
Cay Rade­ma­cher
DuMont Buch­ver­lag, 2021
ISBN 9783832165789

Die­ses Buch wur­de mir als kos­ten­lo­ses Rezen­si­ons­exem­plar vom Ver­lag über die Platt­form Net­Gal­ley zur Ver­fü­gung gestellt.

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