Diese Frage stellt sich wohl jedem, der zum ersten mal vom Konzept des „bedingungslosen Grundeinkommens“ hört. Die Autoren des Buches sind dieser Frage nachgegangen. Vor einigen Jahren haben sie eine Internet-Plattform eingerichtet, über die Spenden für ein Sozialexperiment gesammelt werden: sobald genug Geld zusammen kommt, werden 12x 1000 Euro (monatlich ausgezahlt) an dafür angemeldete Teilnehmer verlost. Die Gewinner sind zu nichts verpflichtet, müssen keine besonderen Voraussetzungen erfüllen und keine Rechenschaft darüber ablegen, was sie mit dem Geld machen.
Das bedingungslose Grundeinkommen wird sehr kritisch diskutiert. Befürworter glauben, dass es Menschen die Existenzängste nimmt und die Freiheit gibt, ihr Leben und ihre Zeit sinnvoller zu gestalten – was sie zufriedener und ausgeglichener macht und letzten Endes auch positive Auswirkungen auf die Gemeinschaft hat. Gegner des bedingungslosen Grundeinkommens fürchten jedoch, dass es nur die Faulheit der Menschen fördert, dass unbeliebte Arbeit nicht mehr getan wird und die Wirtschaft Schaden nimmt.
Inzwischen hat die Plattform der Autoren es über 250 Menschen ermöglicht, ein Jahr lang mit einem bedingungslosen Grundeinkommen zu leben – Zeit für ein Fazit! Innerhalb von 10 Tagen reisten sie kreuz und quer durch Deutschland und besuchten 24 Gewinner, um sie zu fragen, was sie mit dem Geld getan haben. Sie schreiben dabei überaus ehrlich, subjektiv und reflektierend. Es wird nicht verheimlicht, dass es auch Gewinner gibt, die das Geld nehmen und keinen weiteren Kontakt wünschen. So ist das eben mit der Bedingungslosigkeit. Und mancher Einsatzzweck des Geldes erscheint auf den ersten Blick sinnlos oder es gibt Begünstigte, von denen man denkt: der braucht das doch nicht! Die Autoren erzählen von ihren eigenen Zweifeln und wie sie nach Erklärungen suchen. Dabei hilft es, dass sie sich sehr intensiv und umfassend mit den Personen beschäftigen, mit deren Lebenslauf und Werten. So entstanden sehr interessante Portraits unterschiedlichster Menschen aus ganz verschiedenen Milieus.
Geld ist in Deutschland ein Tabu-Thema und so überraschte mich, wie unterschiedlich Menschen über Geld denken und damit umgehen. Welche Abhängigkeiten dadurch entstehen, nicht nur gegenüber Arbeitgebern oder dem Staat, sondern auch innerhalb von Familien und Beziehungen. Wieviel oder auch wie wenig Wert Geld und materiellen Dingen beigemessen werden kann. Wieviel Einfluss es auf unsere persönliche Entwicklung und auf Gefühlsebene hat.
Ich rechne es den Autoren hoch an, dass sie so (selbst)kritisch über das Thema schreiben. Letzten Endes jedoch werden Gegenargumente weitestgehend entkräftet und das große Potential des bedingungslosen Grundeinkommens sehr gut dargelegt.
Was würdest du tun?
Michael Bohmeyer und Claudia Cornelsen
Econ, 2019
ISBN 9783430210072
Dieses Buch wurde mir als kostenloses Rezensionsexemplar vom Verlag über die Plattform NetGalley zur Verfügung gestellt.